Emissionshandel / CO2 – Marktbericht vom 06.03.2023

Sehr geehrte Damen und Herren,

in vielen Städten auf der ganzen Welt gingen am vergangenen Freitag wieder Menschen auf die Straße, um für mehr Ehrgeiz im Kampf gegen die Klimakrise zu demonstrieren. Allein in Deutschland sollen es mehr als 200.000 Demonstranten gewesen sein. Die Slogans auf den Plakaten forderten unter anderem „Klimaschutz statt Kohleschmutz“ und „Tempolimit jetzt“. Rund um den Globus waren hunderte Demonstrationen und Kundgebungen unter dem Motto #tomorrowistoolate („Morgen ist es zu spät“) angekündigt. Mit besonders scharfen Worten kritisierte Luisa Neubauer auf der Kundgebung in Berlin die Bundesregierung sowie die Kohle-, Öl- und Gas-Konzerne. Die Presse zitierte sie mit den Worten: „Sie haben gedacht, sie kommen mit grünen Worten und grünen Reden durch – ob Parteien, Kanzler oder Konzerne. Sie dachten, uns fällt nicht auf, wenn unter der Hand weitergemacht wird, als hätten wir drei weitere Planeten auf der Autobahnbaustelle rumliegen.“ Die Aktivistin prangerte speziell das Verhalten der FDP an, welche nicht nur in der Bundesregierung die Energiewende und die Bauwende blockiere, sondern nun auch das EU-weite Ende des Verbrennermotors.

Interessant ist in diesem Zusammenhang das folgende Statement: „In der politischen Diskussion sehen wir das Risiko, dass der klare Beschluss der EU zum Verbrenner-Ausstieg 2035 wieder infrage gestellt wird. Das birgt die Gefahr einer Hängepartie, und die wäre für die Autoindustrie fatal.“ Bemerkenswert ist, dass diese Aussage von Audi-Chef Markus Duesmann stammt, der in einem Interview des „Spiegel“ die Notwendigkeit der Planungssicherheit für die Autobranche und ihre milliardenschweren Investitionen betonte.

Welche positive Rolle bei der Dekarbonisierung der Wirtschaft das ETS und insbesondere das hohe und weiter steigende Preisniveau der europäischen Verschmutzungsrechte hat, zeigt sich unter anderem in den Anstrengungen der großen Emittenten in den Bereichen Stahl und Chemie. Und der Druck wir nach der aktuellen Reform des ETS noch größer. Das unterstrich zum Beispiel der Verband der Chemischen Industrie (VCI). Eine Mitteilung an seine Mitglieder aus dem Dezember war überschrieben: „Weniger kostenlose Zertifikate und die nur unter Bedingungen“. Der Verband wies darauf hin, dass durch die Verschärfung der Benchmarks die kostenlosen Zuteilungen an Produktionsanlagen, die unter den Emissionshandel fallen, weiter zurückgehen werden. Zudem seien diese Anlagen verpflichtet, Energieaudits durchzuführen. Wenn die Audit-Empfehlungen nicht umgesetzt werden, würden zukünftig 20 Prozent der zugeteilten kostenlosen Emissionszertifikate gestrichen. Außerdem wird es verpflichtende Dekarbonisierungspläne für die emissionsintensivsten Anlagen geben. Bei Nichterreichen der in den Plänen vorgesehenen Ziele werden ebenfalls 20 Prozent der freien Zuteilungen gestrichen.

Der Markt für die europäischen Verschmutzungsrecht startete knapp unterhalb der psychologisch wichtigen Marke von 100€ in die vergangene Handelswoche. Dies war offensichtlich das Startsignal für spekulativ handelnde Marktteilnehmer, ihre Long-Positionen abzubauen und Gewinne mitzunehmen. Die europäischen Kohlenstoffpreise gaben daraufhin im Lauf der Woche ein ums andere Mal nach, verzeichneten schließlich einen Wochenverlust von 5,4% und fielen auf den niedrigsten Stand seit mehr als zwei Wochen. Dies weckte allerdings das zu erwartende Interesse von Compliance-Käufern, wodurch der Rückgang am Freitag gebremst wurde. Der Benchmark-Kontrakt schloss knapp unterhalb einer technischen Unterstützungslinie, was als Hinweis gedeutet werden kann, dass der Kurs auch noch leicht unter die 90-Euro-Marke fallen könnte.

Derweil ist in die Frage, wann und wie der vorgezogene Verkauf von Zertifikaten (frontloading) im Rahmen des REPowerEU-Plans in den Auktionskalender einfließen wird, ein wenig Bewegung gekommen. Nach durchgesickerten Hinweisen deutet sich an, dass die Korrekturen – um mehrfache Anpassungen zu vermeiden – erst im Sommer, zusammen mit Anpassungen im Rahmen der Marktstabilitätsreserve, in den Kalender eingearbeitet werden.

  (Durchschnittliche Börsenkurse / OTC)   
Instrument24.02.2303.03.23Veränderung
EUA (Spotmarkt)96,36 EUR91,04 EUR-5,32 EUR
EUA (Dezember-2023-Future)97,39 EUR92,18 EUR-5,21 EUR
VER (Carbon Offsets)4,00 USD3,45 USD-0,55 USD
VER (CORSIA eligible carbon credits)2,47 USD2,55 USD+0,08 USD
nEZ (nationale Emissionszertifikate (D))30,00 EUR30,00 EUR+0,00 EUR
ICE Brent Crude Oil (Benchmark Future)83,29 USD85,98 USD+2,69 USD
EURO (Currency, Forex)1,0545 USD1,0636 USD+0,0091 USD

(Die durchschnittlichen Börsenkurse und OTC-Preise zeigen das jeweilige Mittel von Angebot und Nachfrage verschiedener Handelsplätze für CO2-Emissionsrechte. Bid und Ask weichen üblicherweise mehrere Cent vom Mittelwert ab. Rohöl und Euro zeigen Börsenschlusskurse. Bei den VER-Kursen handelt es sich um Durchschnittskurse (carboncredits.com), welche im Rahmen von CORSIA und der freiwilligen Kompensation Verwendung finden können. Unsere Marktberichte stellen keine Empfehlung zum Handel von Emissionsrechten oder deren Derivaten dar und dienen ausschließlich der Information. Sollten Sie den Newsletter nicht mehr beziehen wollen, bitten wir um eine kurze Nachricht an den Absender.)

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