Emissionshandel / CO2 – Marktbericht vom 12.09.2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

der CO2-Markt konnte in der vergangenen Handelswoche auch die 70-Euro-Marke nicht halten, obwohl es in der Wochenmitte zunächst so aussah. Doch es kam anders und die EUA fielen am Freitag auf ein Halbjahresstief und verzeichneten auf Wochenbasis einen Verlust von mehr als 15%. Grund hierfür war vor allem eine tiefgreifende Verunsicherung des Marktes, die von Äußerungen osteuropäischer Politiker ausgelöst wurde. Zum Beispiel sprach sich der tschechische Industrie- und Handelsminister Jozef Sikela dafür aus, eine Diskussion über Eingriffe in den Emissionshandel zu eröffnen. Der polnische Ministerpräsident Morawiecki schlug in einem Interview sogar vor, den gesamten Emissionshandel für ein oder zwei Jahre auszusetzen.

Die EU-Energieminister trafen sich am Freitag in Brüssel, um eine Reihe von Sofortmaßnahmen zu beschließen, mit denen die Auswirkungen der steigenden Energiepreise eingedämmt werden sollen. Die EU-Kommission soll hierzu in den kommenden Tagen einen konkreten Gesetzesvorschlag vorlegen. Sie soll unter anderem die befristeten Möglichkeiten zur Abschöpfung von Übergewinnen der Stromerzeuger sowie eine Deckelung des Gaspreises ausloten.

Allerdings wurde auch ein Plan zum Verkauf von Emissionszertifikaten aus der Marktstabilitätsreserve im Wert von 20 Milliarden Euro diskutiert. Minister Sikela betonte, dass in einer außerordentlichen Situation außerordentliche Maßnahmen erforderlich seien, ohne langfristig von den gemeinsamen Klimazielen abzurücken. Doch diese Formulierung könnte sich als Büchse der Pandora erweisen. Denn was bedeutet in diesem Zusammenhang langfristig? Eine internationale Gruppe von Klimaforschenden hat in der Fachzeitschrift „Science“ eine aktuelle Analyse zum Weltklima veröffentlicht. Hierbei ging es um die sogenannten „Kipppunkte“, also eine kritische Schwelle, bei der eine Eigendynamik entsteht, sodass die weitere Entwicklung unaufhaltsam wird. Das bedeutet zum Beispiel, dass eine Gletscherschmelze ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr aufzuhalten ist, egal was man auch tut. Die Forschenden kamen zu der Einschätzung, dass beim Erreichen einer Erderwärmung von durchschnittlich 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter gleich vier solcher Kipppunkte erreicht werden, nämlich beim grönländischen sowie beim westantarktischen Eisschild, beim Absterben der tropischen Korallenriffe und beim Tauen des Permafrost-Bodens. Aufgrund der Entwicklung in den vergangenen Jahren prognostizieren sie, dass diese 1,5 Grad bereits im Jahr 2030 erreicht werden. Also in weniger als acht Jahren.

Kann es demnach verantwortungsbewusst sein, zur Bewältigung der gegenwärtigen Krisen auch nur im Ansatz über Maßnahmen nachzudenken, die uns beim Klimaschutz zurückwerfen würden? Es war schließlich schon unmittelbar nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine klar, dass dieser Krieg und die Reaktionen darauf uns alle viel Geld kosten und Entbehrungen mit sich bringen würden. Es ist also zwingend erforderlich, schleunigst den Panikmodus wieder zu verlassen und nicht erneut damit zu beginnen, dringende Maßnahmen zur Eindämmung der globalen Erwärmung überhastet zu opfern. Wenn es sowohl richtig als auch möglich ist, Milliarden über Milliarden dafür aufzubringen, um aus der Zeit gefallene Despoten an der gewaltsamen Durchsetzung ihrer Großmachtphantasien zu hindern, dann muss eine vergleichbare Anstrengung auch möglich sein, um die weltweite Transformation hin zur klimaneutralen Wirtschaft zu erreichen und zu einer Gesellschaft, die wirklich verstanden hat, dass wir gemeinsam nur diesen einen Planeten zur Verfügung haben.

  (Durchschnittliche Börsenkurse / OTC)   
Instrument02.09.2209.09.22Veränderung
EUA (Spotmarkt)77,70 EUR65,90 EUR-11,80 EUR
EUA (Dezember-2022-Future)77,89 EUR66,08 EUR-11,81 EUR
VER (Carbon Offsets)8,44 USD8,96 USD+0,52 USD
VER (CORSIA eligible carbon credits)3,85 USD4,10 USD+0,25 USD
nEZ (nationale Emissionszertifikate (D))30,00 EUR30,00 EUR+0,00 EUR
ICE Brent Crude Oil (Benchmark Future)93,02 USD92,10 USD-0,92 USD
EURO (Currency, Forex)0,9956 USD1,0041 USD+0,0085 USD

(Die durchschnittlichen Börsenkurse und OTC-Preise zeigen das jeweilige Mittel von Angebot und Nachfrage verschiedener Handelsplätze für CO2-Emissionsrechte. Bid und Ask weichen üblicherweise mehrere Cent vom Mittelwert ab. Rohöl und Euro zeigen Börsenschlusskurse. Bei den VER-Kursen handelt es sich um Durchschnittskurse (carboncredits.com), welche im Rahmen von CORSIA und der freiwilligen Kompensation Verwendung finden können. Unsere Marktberichte stellen keine Empfehlung zum Handel von Emissionsrechten oder deren Derivaten dar und dienen ausschließlich der Information. Sollten Sie den Newsletter nicht mehr beziehen wollen, bitten wir um eine kurze Nachricht an den Absender.)

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