Emissionshandel / CO2 – Marktbericht vom 26.09.2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

für den vergangenen Freitag hatte die „Fridays for Future“-Bewegung (FFF) zum mittlerweile 11. globalen Klimastreik seit ihrer Gründung im Jahr 2018 aufgerufen. Medienberichten zufolge sind in vielen Ländern hunderttausende Menschen dem Aufruf gefolgt – allein in Deutschland haben insgesamt rund 280.000 meist junge Menschen an dem Protest für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit teilgenommen. In Berlin sagte die FFF-Aktivistin Luisa Neubauer: „Wer denkt, dass es keinen Ausweg gibt, dem bleibt nur Verzweiflung. Wer weiß, dass es anders geht, der kann loslegen und handeln. Wir haben das Wissen, also legen wir los.“

Neben den bekannten Appellen zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels forderte FFF von der Bundesregierung die Aufstellung eines Sondervermögens für Klima und Sicherheit. Im Rahmen der Haushaltsverhandlungen sollten 100 Milliarden Euro bereitgestellt werden, um den radikalen Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern zu beschleunigen. Die aktuelle Energiekrise offenbare, wie verletzlich die Gesellschaft in Sachen Energieversorgung sei. Klima- und Energiekrise bedingten sich gegenseitig.

Dem kann man nur zustimmen. Spätestens mit dem Beginn des unglaublich dummen Krieges gegen die Ukraine wurde allen klar, wie gefährlich die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern ist. Noch klarer wurde dadurch, dass ein Zögern beim Ausstieg aus den Fossilen in jeder Hinsicht falsch wäre. Umso unbegreiflicher erscheinen da die Forderungen einiger Europapolitiker, in das Emissionshandelssystem (ETS) einzugreifen, um fossile Energie billiger zu machen.

Und es sind nicht nur die Unterstützer von FFF, die vor unüberlegten Entscheidungen warnen. Laut der Börsenzeitung machen auch Banken, Energiehändler, Energiebörsen sowie Elektrizitätsunternehmen bei den EU-Gesetzgebern gegen mögliche Einschränkungen beim ETS mobil. In einem gemeinsamen Schreiben von acht europäischen Verbänden an die zuständigen Spitzen von EU-Kommission und -parlament sowie die tschechische Ratspräsidentschaft warnen sie davor, dass das heutige effiziente Funktionieren des ETS erheblich beeinträchtigt werden könnte, was dann auch Europas Dekarbonisierungsbemühungen gefährden könnte. In dem Brief betonten die Verbände noch einmal, dass ein vielfältiges Ökosystem von Teilnehmern sicherstelle, dass der CO2-Markt widerstandsfähig, einfach und kostengünstig zugänglich sei. Zudem sei er dann auch besser gerüstet, um Unternehmen Absicherungs- und Risikomanagementlösungen anzubieten. Um ihre Dekarbonisierungsziele zu erreichen, brauche die EU einen liquiden und widerstandsfähigen Markt.

Hintergrund für diesen Appell sind die aktuell laufenden Schlussverhandlungen für eine Reform des Emissionshandels, die Teil des großen Klimapakets „Fit for 55“ ist. Zu den Vorschlägen des EU-Parlaments gehört dabei, die Teilnahme am Handel mit CO2-Zertifikaten auf Compliance-Stellen und bestimmte Finanzintermediäre zu beschränken. Dies soll helfen, Marktspekulationen zu verhindern, und damit ein Schritt gegen die hohen Energiepreise sein. Die EU-Kommission und die überwiegende Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten lehnen eine solche Beschränkung zwar vernünftiger Weise ab. Die betroffenen Verbände befürchten aber, dass diese Ideen trotzdem noch Teil eines Kompromisses werden könnten. Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft möchte eine Einigung zur Reform des ETS unbedingt noch im vierten Quartal festzurren.

Die Preise für EUA hatten sich vor gut einem Monat erneut an die 100-Euro-Marke herangewagt, bevor die besagten Äußerungen die Marktteilnehmer zutiefst beunruhigten. In der vergangenen Handelswoche hatte sich der Kurs zunächst mangels Orientierung in einer Seitwärtsbewegung knapp oberhalb von 70 Euro gehalten, doch am Freitag fielen die EUAs dann um bis zu 7,2 % auf ein neues Sechsmonatstief, weil die Händler auf die Nachricht reagierten, dass auch Deutschland über ein größeres Einnahmeziel durch den zusätzlichen Verkauf von EUA im Rahmen des sogenannten „RePowerEU“-Plans nachdenkt. Es geht demnach nicht nur darum, durch einen niedrigeren CO2-Preis fossile Energie zu verbilligen, sondern auch um Sondererlöse aus dem Verkauf zusätzlicher Emissionszertifikate aus der Marktstabilitätsreserve (MSR).

Hierfür gibt es gewiss andere wirksame Instrumente. Außerdem widerspricht ein solches Vorhaben nicht nur dem Sinn und Zweck des ETS und der MSR, sondern es ist auch kurzsichtig gedacht, denn schon durch den bisherigen Preisverfall, welcher allein auf Verunsicherungen basierte, hat die EU bei den Versteigerungen wöchentlich rund 250 Millionen Euro weniger eingenommen, als dies bei einem soliden Auktionsergebnis möglich gewesen wäre. Was also kurzfristig eine Zusatzeinnahme sein soll, würde sich dauerhaft als finanzieller Verlust erweisen.

  (Durchschnittliche Börsenkurse / OTC)   
Instrument16.09.2223.09.22Veränderung
EUA (Spotmarkt)73,08 EUR65,61 EUR-7,47 EUR
EUA (Dezember-2022-Future)73,27 EUR65,77 EUR-7,50 EUR
VER (Carbon Offsets)9,42 USD9,40 USD-0,02 USD
VER (CORSIA eligible carbon credits)4,18 USD4,03 USD-0,15 USD
nEZ (nationale Emissionszertifikate (D))30,00 EUR30,00 EUR+0,00 EUR
ICE Brent Crude Oil (Benchmark Future)91,46 USD86,75 USD-4,71 USD
EURO (Currency, Forex)1,0014 USD0,9690 USD-0,0324 USD

(Die durchschnittlichen Börsenkurse und OTC-Preise zeigen das jeweilige Mittel von Angebot und Nachfrage verschiedener Handelsplätze für CO2-Emissionsrechte. Bid und Ask weichen üblicherweise mehrere Cent vom Mittelwert ab. Rohöl und Euro zeigen Börsenschlusskurse. Bei den VER-Kursen handelt es sich um Durchschnittskurse (carboncredits.com), welche im Rahmen von CORSIA und der freiwilligen Kompensation Verwendung finden können. Unsere Marktberichte stellen keine Empfehlung zum Handel von Emissionsrechten oder deren Derivaten dar und dienen ausschließlich der Information. Sollten Sie den Newsletter nicht mehr beziehen wollen, bitten wir um eine kurze Nachricht an den Absender.)

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