Emissionshandel / CO2 – Marktbericht vom 07.11.2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit gestern treffen sich Vertreterinnen und Vertreter aus rund 200 Staaten zur diesjährigen Weltklimakonferenz im ägyptischen Scharm el-Scheich. Die COP27 findet allerdings unter erschwerten Bedingungen statt: Nachdem die Corona-Pandemie nicht mehr im Vordergrund steht, drohen der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die daraus resultierende Energiekrise den gemeinsamen Kampf der Weltgemeinschaft gegen die Erderwärmung zu schwächen und die zunehmenden Spannungen zwischen den USA und China sind ebenfalls kein unterstützender Faktor. 

Dabei haben die Staaten noch immer einen eklatanten Nachholbedarf, wenn es darum geht, ihre nationalen Klimaschutzziele zu benennen respektive nachzuschärfen. Ein ernstgemeintes Bekenntnis, trotz oder gerade wegen der Energiekrise an der Abkehr von fossilen Energieträgern, insbesondere Kohle, festzuhalten, die Reduzierung des Treibhausgases Methan voranzutreiben sowie endlich einen Mechanismus zur Finanzierung von klimabedingten Schäden und Verlusten einzuführen, stehen ebenfalls tiefrot markiert auf der Agenda.

Es bleibt auch eine spannende Frage, inwieweit Europa und die USA von Seiten der Hauptverursacher zu einem Motor des Wandels werden können und wollen. Das europäische Programm „Fit for 55“ scheint jedenfalls in die richtige Richtung zu weisen, falls es nicht am Ende der Trilogverhandlungen zu stark abgeschwächt verabschiedet wird. Und hierbei wiederum spielt das ETS, das Europäische Emissionshandelssystem, eine wichtige Rolle. Die Institutionen ringen in diesem Zusammenhang noch darum, die zu hohe Gesamtzahl an Emissionszertifikaten einmalig zu korrigieren, einen Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) zum Schutz vor Wettbewerbsverzerrung einzuführen, den Seeverkehr mit einzubeziehen und die Marktstabilitätsreserve nachzuschärfen. Möglicherweise können die Ergebnisse von Scharm el-Scheich hier Rückenwind geben. Äußerungen des Europaabgeordneten Peter Liese lassen bereits vermuten, dass Mittel aus den Auktionen des ETS für Klimaschutzmaßnahmen in ärmeren Ländern eingesetzt werden könnten.

Durch die Weltklimakonferenzen soll überdies auch regelmäßig das Bewusstsein der Politik und der Öffentlichkeit für die absolute Dringlichkeit der Klimaproblematik geschärft werden. Im Zentrum der Warnungen stehen immer wieder die sogenannten Kipppunkte, bei welchen Wechselbeziehungen eine tragische Dynamik aufbauen, die schließlich unumkehrbar werden könnte. So ist es allgemein bekannt, dass es in der Arktis deutlich schneller wärmer wird, als auf dem Rest des Planeten. Diese Erwärmung der Arktis droht einer Studie vom Forschungszentrum CREAF in Barcelona zufolge in einen Teufelskreis zu münden. Fachleute sprechen von der „arktischen Verstärkung“. Das hängt zum Teil damit zusammen, dass der Erdboden durch den Rückgang der Schnee- und Eisdecke zu Wasser und zu Land mehr Wärme aufnimmt. Infolge dessen könnte in Sibirien künftig schon eine verhältnismäßig geringe Erwärmung die Ausdehnung von Flächenbränden deutlich zunehmen lassen. Das würde große Mengen Kohlenstoff freisetzen, die im dortigen Permafrostboden gespeichert sind. Und dies wiederum würde die Erderwärmung zusätzlich antreiben.

In der Studie wurden unter anderem Satellitenbildern von Flächenbränden in der sibirischen Arktis von 1982 bis 2020 analysiert. In diesen knapp vierzig Jahren entfielen 44 Prozent der gesamten Brandfläche auf die beiden letzten Jahre 2019 und 2020! In diesen zwei Jahren sind laut Studie fast 150 Millionen Tonnen Kohlenstoff durch Feuer in die Atmosphäre abgegeben wurden. Das entspreche einem CO2-Äquivalent von fast 413 Millionen Tonnen. Allein 2020 brannten demnach 423 Feuer auf einer Fläche von knapp 3 Millionen Hektar. Laut einer Mitteilung des an der Arbeit beteiligten Spanischen Nationalen Forschungsrates (CSIC) entspreche das freigesetzte CO2-Äquivalent von 256 Millionen Tonnen etwa den jährlichen CO2-Emissionen von Spanien. Bemerkenswert ist zudem, dass 2019 und 2020 gleichzeitig die beiden wärmsten Jahre des Untersuchungszeitraums waren.

Der CO2-Handel hat in der vergangenen Woche einen klassischen Chartverlauf hingelegt. Die Rally der Vorwoche endete dabei an der sogenannten 200-Tage-Linie bei rund 81 Euro. Danach fiel der Kurs in einem Retracement auf beinahe 75 Euro zurück und fand dort ausreichende Unterstützung. In einer breiten Handelsspanne von rund vier Euro suchte der Markt dann für den Rest der Handelswoche Orientierung. Hierbei macht die noch immer anhaltende Unsicherheit im Hinblick auf mögliche Eingriffe ins ETS die Handelsentscheidungen sowohl für Käufer als auch für Verkäufer nicht einfacher.

  (Durchschnittliche Börsenkurse / OTC)   
Instrument28.10.2204.11.22Veränderung
EUA (Spotmarkt)81,16 EUR76,32 EUR-4,84 EUR
EUA (Dezember-2022-Future)81,21 EUR76,36 EUR-4,85 EUR
VER (Carbon Offsets)6,75 USD8,07 USD+1,32 USD
VER (CORSIA eligible carbon credits)3,36 USD3,21 USD-0,15 USD
nEZ (nationale Emissionszertifikate (D))30,00 EUR30,00 EUR+0,00 EUR
ICE Brent Crude Oil (Benchmark Future)96,17 USD98,60 USD+2,43 USD
EURO (Currency, Forex)0,9964 USD0,9960 USD-0,0004 USD

(Die durchschnittlichen Börsenkurse und OTC-Preise zeigen das jeweilige Mittel von Angebot und Nachfrage verschiedener Handelsplätze für CO2-Emissionsrechte. Bid und Ask weichen üblicherweise mehrere Cent vom Mittelwert ab. Rohöl und Euro zeigen Börsenschlusskurse. Bei den VER-Kursen handelt es sich um Durchschnittskurse (carboncredits.com), welche im Rahmen von CORSIA und der freiwilligen Kompensation Verwendung finden können. Unsere Marktberichte stellen keine Empfehlung zum Handel von Emissionsrechten oder deren Derivaten dar und dienen ausschließlich der Information. Sollten Sie den Newsletter nicht mehr beziehen wollen, bitten wir um eine kurze Nachricht an den Absender.)

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